Täglich erklären wir unseren Kunden welcher Klebstoff für dies oder das verwendet werden soll bzw. warum sich etwas nicht so „fügt“ wie erwartet. Daher wollen wir mehr Einblick in unser Wissen rund um die Klebetechnik geben. Die Hälfte unseres Außendiensts verfügt über spezifische Ausbildungen dazu.
Die Wahl der
optimalen Fügetechnik basiert prinzipiell auf einer Vielzahl physikalischer und
chemischer Prinzipien wie Zug-, Scher-, Spalt- und Schälkräfte,
Druckbeanspruchung, Spannungsverläufe, thermische Belastungen und vielem mehr.
Ob ein Klebstoff hält oder nicht, hängt hauptsächlich von der Oberflächenenergie des Werkstoffs ab. Die Oberflächenenergie ist ein Maß für die Anziehungskraft der Materialmoleküle. Diese Anziehungskraft entscheidet, ob und wie stark etwas auf einer Oberfläche haften kann und ist somit maßgebend für eine Beschichtung oder Verklebung. Grundsätzlich gilt: Metalle haben eine sehr hohe, Glas/Holz/Mineralien eine mittlere und Kunststoffe eine geringe Oberflächenenergie. Bei Kunststoffen ist also besondere Vorsicht geboten!
Die Einheit für die Oberflächenenergie wird in
Megajoule pro Meter (mJ/m) angegeben. Der Grenzwert für eine ausreichende
Benetzung der Oberfläche liegt bei ca. 36mJ/m. Im Internet
findet man zur Orientierung eine Vielzahl an Tabellen mit typischen Werten für
verschiedene Materialien. Bei vielen Kunststoffteilen ist das Material durch
eine Prägung angeben z.B. ABS, PVC, PP, PA12. Produktdatenblätter vom
Kunststoffhersteller führen ebenfalls oft die Oberflächenenergie an.
Der Wert der Oberflächenenergie lässt sich mit Testtinten ermitteln bzw.
überprüfen. Diese sind im Fachhandel mit verschiedenen Werten erhältlich, meist
in 2er-Schritten aufwärts. Da der Grenzwert bei ca. 36mJ/m liegt, ist die
38er-Tinte wichtig. Kann diese Tinte noch benetzen, liegt der Wert der
Oberflächenenergie des Werkstücks über 38mJ/m und eine Benetzung ist
grundsätzlich möglich. Je höher der Wert liegt, desto besser funktioniert die
Benetzung. Die richtige Anwendung und Bewertung der Testtinte wird meist ausführlich
vom Hersteller erklärt.
Die
Oberflächenenergie lässt sich auch durch einen Schnelltest mit Wasser
ermitteln. Wasser hat eine Oberflächenenergie von 73mJ/m. Leert man
Wasser auf eine Oberfläche und es benetzt die Fläche, ist die
Oberflächenenergie des Untergrunds höher als die des Wassers, also
mindestens 73mJ/m. Auf dieser Fläche sollte eine gute Benetzung des
Klebstoffs möglich sein. Bei Tropfenbildung ist
die Oberflächenenergie (Oberflächenspannung) des Wassers höher als die
des Untergrunds, der Wert liegt also unter 73mJ/m. In diesem Fall
lohnt es sich genauer nachzuforschen, da die Benetzbarkeit schlecht bis
unmöglich sein kann.
Oberflächen(energien) können natürlich verändert bzw. optimiert werden. Für
Oberflächen die nahe am Grenzwert liegen, benötigt man bei vielen Klebstoffen
einen Aktivator oder Primer. Bei Oberflächenenergien unter dem Grenzwert, gibt
es Möglichkeiten diese anzuheben. Dazu ist technische Unterstützung durch
unsere Techniker nötig. Eine
bewusste Veränderung der Oberflächenenergie macht man sich in vielen Bereichen
zunutze. Als Beispiele dienen Polituren und Versiegelungen. Nach dem Polieren
des Autos perlt Wasser ab und Schmutz kann kaum mehr haften. Speisereste sind von einer Pfanne mit
Teflonbeschichtung (PTFE) durch die niedrige Oberflächenenergie leichter
entfernbar.
Primer
sind Haftvermittler, die mit dem Untergrund eine "innige" Verbindung
eingehen und einen guten Haftgrund für den entsprechenden Kleb- bzw.
Dichtstoff bieten. Ein sorgfältig aufeinander abgestimmtes System
garantiert optimale Ergebnisse. Für jede Oberfläche gibt es einen
entsprechenden Primer. Welcher Primer zur Anwendung kommt, ist der
Primertabelle oder der Arbeitsanweisung zu entnehmen. Die geprimerte
Fläche muss mit der Klebefläche übereinstimmen. Der Primer wird mit Wollwischer oder Basotex-Matte dünn, aber deckend aufgetragen. Die Ablüftzeiten sind einzuhalten.
Insbesondere bei schwer klebbaren Substraten ist es wichtig, Oberflächen anzuschleifen und einen Primer einzusetzen. Durch seine chemischen und physikalischen Eigenschaften erhöht er die Haftung zwischen Klebstoff und Werkstück. Der dünnflüssige (niedrigviskose) Primer kann sich mechanisch in der nach dem Schleifen aufgerauten Oberfläche verkrallen, was ein dickflüssiger (hochviskoser) Klebstoff nicht schaffen würde.
Der Bericht wird wöchentlich mit weiteren Informationen ergänzt. Stay tuned - auch auf Facebook und Instagram!